Entwicklungs-
zusammenarbeit


Entwicklungszusammenarbeit

Von Dezember 2021 bis Januar 2024 war ich Sprecherin für sogenannte Entwicklungspolitik meiner Fraktion. Selber stehe ich dem Begriff der „Entwicklung“ kritisch gegenüber. Er suggeriert, dass die Länder des Globalen Nordens bereits „entwickelt“ seien und die Länder des Globalen Südens nicht – ohne zu thematisieren, wer diese „Entwicklung“ definiert oder wie der Wohlstand des Globalen Nordens aufrechterhalten wird.

Die sogenannte Entwicklungspolitik ist für mich immer in erster Linie Strukturpolitik, denn viele Ursachen für Armut und Ungleichheit liegen in unseren globalen Strukturen – zum Beispiel in der Handels-, Wirtschafts-, Finanz- und Agrarpolitik, in den Ungleichgewichten von Ressourcenausbeutung und -verbrauch zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden.

In meinem Verständnis von sogenannter Entwicklungszusammenarbeit arbeiten wir daran, kolonial gewachsene Machtstrukturen und Abhängigkeitsverhältnisse gemeinsam mit unseren Partner*innen aufzubrechen. Mein Ziel der Globalen Gerechtigkeit ist für mich hierbei richtungsweisend. Wir erreichen sie dann, wenn es keinen Bedarf mehr an sogenannter Entwicklungszusammenarbeit gibt.


  • Lilafarbene, stilisierte Weltkugel mit queeren Symbolen auf hellgrauem Untergrund

    Feministische Entwicklungspolitik

    Ziel einer feministischen Entwicklungspolitik ist, dass alle Menschen weltweit dieselben Rechte und denselben Zugang zu Ressourcen haben und in gleichem Maße in ihrer Diversität repräsentiert sind. Sie setzt sich für eine Welt ein, in der alle Menschen unabhängig von Geschlecht, sexueller Identität, Religion, Herkunft, Hautfarbe, Alter, sozialer Schicht, Behinderung etc. gleichberechtigt in Frieden und Freiheit leben können und die gleichen Chancen zur Selbstverwirklichung erhalten. Sie ist intersektional, dekolonial und bricht dadurch patriarchale und postkoloniale Machtstrukturen auf. Eine feministische Entwicklungspolitik setzt Strukturpolitik mit globalen Partner*innen auf Augenhöhe um. Durch eine gerechte Gestaltung der internationalen Handelspolitik und eine Entschuldung der Länder des Globalen Südens, können jene Länder ihre Bürger*innen besser sozial absichern. Um Frauen, Mädchen, LGBTIQ* und weitere marginalisierte Gruppen gezielt zu fördern, integriert eine feministische Entwicklungspolitik Geschlechter- und intersektionale Gerechtigkeit als Ziel in alle Projekte und Vorhaben. Indem gezielt zivilgesellschaftliche Akteur*innen gefördert werden, kämpft sie gegen die immer kleiner werdenden Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft an.
  • Ein türkisblaues Quadrat

    Dekolonialisierung der Entwicklungspolitik

    Ein großer Schwerpunkt meiner Arbeit liegt auf der Dekolonialisierung der sogenannten Entwicklungspolitik. Dieser kommen wir ein Stück näher, wenn wir bestehende globale Machtstrukturen aufbrechen, sei es beim Thema Ernährungssouveränität oder der Schuldenkrise. Als ehemalige Kolonialmacht liegt es in unserer Verantwortung, Abhängigkeitsstrukturen zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden aufzubrechen, von denen der Globale Norden bis heute profitiert. Wir leisten auch einen Beitrag dazu, indem wir evaluieren, welche kolonialen Kontinuitäten bis heute in unserer sogenannten Entwicklungszusammenarbeit bestehen und indem wir die Expertise der Menschen vor Ort mit einbeziehen sowie gleichberechtigt mit unseren Partner*innen zusammenarbeiten.
  • Der dunkelgraue Länderumriss von Afghanistan auf hellgrauem Untergrund

    Enquete-Kommission Afghanistan

    Der Bundestag hat im Sommer 2022 eine Enquete-Kommission eingesetzt, um das 20-jährige deutsche Engagement in Afghanistan aufzuarbeiten und Lehren für unsere künftige Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik im Krisenfall zu ziehen. Ich bin stellvertretendes Mitglied der Enquete-Kommission und arbeite in der Projektgruppe zum zivilen Engagement und der Friedensförderung mit. Ein besonderes Augenmerk möchte ich hierbei auf die kritische sogenannte humanitäre Hilfe und die kritische sogenannte Entwicklungspolitik legen.
  • Ein hellgründes Quadrat

    Flucht & Migration

    Jedes Jahr fliehen Menschen vor Krieg und Gewalt, Hunger und Armut und den Folgen der Klima- und Biodiversitätskrise. Gleichzeitig rücken EU-Mitgliedstaaten die Fluchtabwehr in den Mittelpunkt ihrer Außen- und Nachbarschaftspolitik. Die Verlagerung der europäischen Außengrenzen durch Migrationspartnerschaften mit Staaten, in denen Menschen- und Rechte von Geflüchteten nicht gewahrt werden und die Koppelung von Entwicklungsgeldern oder Handelspräferenzen an Rückübernahmeabkommen mit unsicheren Herkunftsstaaten können nicht mit einer verantwortungsvollen Außen- und Entwicklungspolitik vereinbart werden. Stattdessen muss sich die sogenannte Entwicklungspolitik im Bereich Flucht und Migration an den Menschenrechten und den Bedarfen der Flüchtenden ausrichten.
    Eine besonderer Schutzstatus kommt Menschen zu, die aufgrund ihrer früheren Tätigkeit für Deutschland in Gefahr geraten, wie z.B. in Afghanistan. Die Aufnahme ehemaliger Ortskräfte, ihrer Familienangehörigen und anderer besonders gefährdeter Personen muss vereinfacht und ausgeweitet werden.

  • Luftbildaufnahme von Wiesen und Feldern

    Ernährungs-Souveränität

    Weltweit hungert jeder zehnte Mensch. Es braucht strukturelle Änderungen in der globalen Wirtschafts-, Handels- und Agrarpolitik, um Ernährungssouveränität zu erreichen.
    Die Entwicklungspolitik muss sich meiner Ansicht nach vor allem auf die Stärkung von Agrarökologie und der Umsetzung des Rechts auf Nahrung konzentrieren. Dazu gehören insbesondere die Stärkung von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, der freie Zugang zu Saatgut und die Stärkung von Landrechten.
    Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Exportverbot für hochgiftige, in der EU bereits verbotene Pestizide. Das ist ein wichtiger Schritt zum Schutz von menschlicher Gesundheit, Biodiversität und Böden. Nahrungsmittelspekulation und die Spekulation mit Land müssen effektiv eingedämmt werden.

  • Eine weiße Taube segelt vor der Kulisse eines grauen Plattenbaus nach unten

    Frieden & fragile Staaten

    Krieg und bewaffnete Konflikte prägen leider die Realität vieler Menschen weltweit. In unserer sogenannten Entwicklungszusammenarbeit unterstützen wir fragile Staaten dabei, ihre zentralen Aufgaben für ihre Bevölkerung wahrzunehmen und versuchen, durch Krisenprävention Gewalt zu verhindern, bevor sie überhaupt ausbricht. Frieden ist hierbei nicht nur die Abwesenheit von Gewalt. Im Sinne der menschlichen Sicherheit stellt dies auch Ernährungssicherheit oder die Sicherheit vor den Auswirkungen der Klimakrise oder Pandemien dar. Mit dem Fokus auf menschliche Sicherheit geht ein präventiver Gedanke einher, der Problemlagen frühzeitig erkennt, anstatt sich mit reaktivem Krisenmanagement zufriedenzugeben.
  • Ein beige-braunes Quadrat

    Indigene

    Indigene Völker und Gemeinschaften sind besonders häufig von Menschenrechtsverletzungen und Landraub betroffen, zum Beispiel bei großen Energie- und Infrastrukturprojekten, in der industriellen Landwirtschaft oder auch im Naturschutz.
    Die Umsetzung der von Deutschland ratifizierten ILO-Konvention 169 zu den Rechten indigener Völker muss in allen Politikbereichen erfolgen: zum Beispiel im Lieferkettengesetz, in Handelsverträgen, bei der Außenwirtschaftsförderung und in der Entwicklungspolitik. Indigene spielen zudem eine zentrale Rolle im Klima- und Biodiversitätsschutz, da 80 Prozent der weltweit am besten erhaltenen Wälder in indigenen Gebieten liegt. Die internationale Naturschutzfinanzierung sollte deshalb einen Fokus auf die Stärkung indigener Land- und Selbstbestimmungsrechte legen.


Stand: Januar 2023